Das Finanzgericht Münster hat dazu Stellung genommen, ob eine Steuerfreistellung von Sanierungsgewinnen, die aufgrund vor dem 09.02.2017 erlassener Schulden entstanden sind, im Billigkeitsverfahren erreicht werden kann, wenn die Steuerfestsetzung bereits bestandskräftig geworden ist (Az. 13 K 1306/20).
Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme sei sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung, die von den Gerichten nur in den von § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüft werden könne. Allerdings handele es sich hierbei nicht um ein voraussetzungsloses Ermessen. Vielmehr würden die abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Satz 1 AO, der Erlass nach § 227 AO und die Stundung nach § 222 AO voraussetzen, dass die Erhebung bzw. Einziehung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Unbilligkeit der Besteuerung könne sich nach allgemeiner Auffassung aus persönlichen oder sachlichen Gründen ergeben.
Sachlich unbillig sei die Festsetzung einer Steuer insbesondere dann, wenn sie im Einzelfall nach dem Zweck des zu Grunde liegenden Gesetzes nicht mehr zu rechtfertigen sei und dessen Wertungen zuwiderlaufe. Das sei der Fall, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden könne, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage – hätte er sie geregelt – im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte. Voraussetzung hierfür sei, dass das Gesetz auf die konkrete Sachverhaltskonstellation keine Rücksicht nehme und sie der belastenden Rechtsfolge unterwerfe, obwohl dies nach dem Willen des Gesetzgebers in dieser Konstellation nicht geboten sei. Die Unbilligkeit liege mit anderen Worten in der nicht sachgemäßen Entscheidung des Einzelfalls durch das Gesetz. Im Rahmen der Billigkeitsprüfung sei daher eine Gesamtbetrachtung aller Normen vorzunehmen, die für die Entstehung des Steueranspruchs im konkreten Fall maßgeblich seien. Erst durch sie könne festgestellt werden, ob das Ergebnis des allgemeinen Gesetzesvollzugs mit der Einzelfallgerechtigkeit noch vereinbar sei.
Unter Anwendung dieser Grundsätze habe die Finanzbehörde im Streitfall den Antrag der Kläger auf Stundung mit anschließendem Erlass der Einkommensteuer 2011 sowie auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ermessensfehlerfrei abgelehnt.
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